Konzertkritik

Konzert vom 02.03.2018 im Raatssaal

Parodien und Melodramen
Lyrik trifft auf Musik: 70 Besucher beim Konzert des Kulturvereins im Pinneberger Ratssaal
Pinneberger Tageblatt - 06. März 2018 - von Margot Rung (Artikel/Foto)

Virtuoser Pianist, begnadeter Leser: Cord Garben (links) und Uwe Schmelter.

Pinneberg | Wenn Cord Garben, der musikalische Leiter des Kulturvereins Pinneberg und Pianist, und der großartige Sprecher, Dr. Uwe Schmelter, sich die Bühne teilen, wird es ernst. Könnte man meinen. Trotzdem wurde in Pinneberg gelacht. Schließlich war nicht alle Lyrik todernst, und das Duo verstand sich zudem – wortlos interagierend – auf wohltuende Ironie, die den Abend unterhaltsam garnierte. Und wenn dann noch ein zweiter, gefühlvoller und technisch virtuoser Pianist, nämlich Justus Zeyen, mit ins Spiel kommt, darf man getrost von einem Trio sprechen, welches am Sonnabend im Ratssaal vor rund 70 Besuchern mit sichtlichem Vergnügen agierte.

Im ersten Teil waren, gespielt von Justus Zeyen, zwei Noveletten (Opus 21) von Robert Schumann zu hören. Edvard Griegs fünfsätzige Suite „Aus Holbergs Zeit“ stimmte wunderbar auf den zweiten Teil „Parodien und Melodramen“ ein. Diese hatten ihre Blütezeit in den Salons des späten 19. Jahrhunderts. Dabei ist die Parodie ein Text, der auf einem bestimmten Teil eines Stückes quasi verankert wird. Ein Minidrama, fast wie heutzutage die Filmmusik, ist das so genannte Melodram, bei dem die Musik für den Text geschrieben wird, wie Cord Garben erklärte.

Nach der Pause ertönte sehr präsent Uwe Schmelters Stimme, diese im kongenialen Zusammenspiel mit Cord Garben, der inzwischen seinen Platz am Flügel eingenommen hatte. Schmelter selber saß am Tisch, die Texte vor sich ausgebreitet, dezent beleuchtet von einer Leselampe.

„Guten Morgen am 7. Juni“, rezitierte er mit großer Deutlichkeit und Präsenz die Parodie auf den 1. Satz von Beethovens Mondschein-Sonate. „Leben kann ich nur ganz mit dir oder gar nicht“, intonierte Schmelter mit sonorer Stimme. Gesprochener Text, Gestik und Klaviermusik mischten sich stets auf andere Weise. Dass heute das Melodram fast in Vergessenheit geraten ist, die Parodie in dieser Form auch, ist schade. Denn dieses Programm war in gewisser Weise doch wie ein Live-Hörspiel. Und das freilich läge doch im Trend.

Denkwürdiger Abend

Einräumen muss man doch, dass gewisse Längen dieser Kunstform aus Sprache und Musik nicht abzusprechen sind. Wenn sie denn in die Länge gezogen worden wären. Aber Programm-Gestalter Garben hatte mit exakt sechs Stücken, von Beethoven über Chopin bis Liszt, genau die richtige Länge des Abends bestimmt. Und es war interessant, vor allem weil mitSchmelter ein fantastischer Sprecher auf der Bühne wirkte, perfekt intonierend, mit viel Humor und großem Gestus. „Mein liebes Mütterlein, verwirrt und allein … trat ich in ihre Stube“, heißt es in der Parodie auf den 2. Satz der Sonate B-Dur von Franz Schubert, wiederum begleitet von Garben.

Ein Hohelied auf die Romantik war „Schön Hedwig“ von Friedrich Hebbel, nun in Begleitung von Zeyen mit einer Komposition von Robert Schumann. Fein abgestimmt auf die jeweilige Tonlage von Schmelters Sprechstimme gelang Zeyen mühelos die Begleitung als Schmelters bestens modulierender Resonanzraum die Sätze im melodischen Fluss durch die wunderbare Lyrik fließen ließ.

Als Zugabe lieferten Garben und seine Mitstreiter einen Auszug aus dem Gedicht „In einem kühlen Grunde“ von Joseph von Eichendorff („Wer errät, von wem die Musik ist?“, fragte Garben das Publikum und verriet es nicht). Am Ende war man erstaunt zu hören, dass diese von Friedrich Nietzsche komponiert worden war. Nietzsche, als hochmusikalischer Romantiker. Wahrlich, ein denkwürdiger Abend!

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